Kulturimmanenz
Die Schönen Künste, die Philosophie sowie alle mit ihnen verbundenen Phänomene sind reine Erscheinungsformen des Geistes und der gesellschaftlichen Bedingungen eines jeweiligen Kulturkreises.
Somit verwundert es denn auch nicht, dass sich Übereinstimmungen zwischen den Schönen Künsten untereinander finden lassen und natürlich auch zwischen ihnen und der Philosophie.
Wir beobachten hier zwei Gruppen von Übereinstimmungen: die vertikalen und die horizontalen.
Als vertikal bezeichne ich jene, welche innerhalb einer bestimmten geschichtlichen Epoche bestanden haben.
Horizontale Übereinstimmungen sind diejenigen, die zwischen den verschiedenen Epochen untereinander bestehen. Sie scheinen bedeutungsvoller, denn sie führen uns vor Augen, was einer bestimmten Kultur immanent ist.
Auf den ersten Blick mögen die verschiedenen Epochen eines Kulturkreises große Unterschiede erkennen lassen. Dennoch findet man in ihnen allen etwas, das immer wiederkehrt, etwas, das sich sozusagen als beständiges Motto wie ein Leitfaden durch sie hindurchzieht. Ja selbst Wandlungen und radikale Umwälzungen innerhalb einer Kultur vollziehen sich immer unter der Ägide des Kulturimmanenten. Alle Veränderungen von Epochen und Stilen vollziehen sich bei genauem Hinsehen nur vordergründig unter dem Aspekt von Mode, neuer Erfindung oder des Trachtens nach Abwechslung. Solche Aspekte sind Wahrnehmungen und Ambitionen auf der individuellen Ebene. Individuen und individuelle Aspekte aber sind den Tropfen in einem großen, mächtigen Strom vergleichbar. Tropfen sind zwar eigenständige Partikel, sie können sich der Gesamtströmung eines Flusses jedoch nicht erwehren und sie sind in sein Bett gebannt. Ebenso wenig können sich Individuen der Kulturimmanenz ihres Kulturkreises entziehen.
Kulturimmanenz stellt einen Faktor dar, welcher die gewaltige Eigendynamik einer Kultur von innen heraus in Gang setzt und sie steuert.
Kulturimmanenz erzeugt das Spezifische der Kulturkreise und unterscheidet sie voneinander.
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